Axiome der reellen Zahlen < eindimensional < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 15:36 Mi 25.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo,
wie bekannt ist , baut die Analysis auf den Körperaxiomen auf. Eines der Körperaxiome ist das Kommutativgesetz. In einem Buch habe ich gelesen, dass man diese Körperaxiome nicht beweisen kann. Also , dass die Mathematiker müssen einfach daran glauben. Meine Frage ist , ob man das Kommutativgesetz beweisen kann. Es gilt a+b = b+a a,b [mm] \in \IR [/mm] .
Ich habe so versucht zu beweisen:
Spezialfall: a,b [mm] \in \IN [/mm] :
a+b = 1+1+1+1+1..... a-mal + 1+1+1+1+1+1+1+1+1.... b-mal; das ist das gleiche wie b+a. In beiden Fällen steht dieselbe Summe von Einsen.
Eine Zahl c,d aus [mm] \IR/\IN [/mm] könnteman doch auch so schreiben, dass man eine unendlich kleine Einheit nimmt, z.B so 0,000000000000000000001 und man addiert sie , bis man die Zahl c bzw.d bekommt, was dasselbe wäre, wenn man zuerst d erhält und dann dazu c addiert.
Kann man so was machen?
Schöne Grüße
Igor
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Hallo
leider klappt das nicht so. Schon bei den reellen Zahlen bekommst du Schwierigkeiten: nicht jede reelle Zahl ist als endlicher Dezimallbruch darstellbar. Wie willst du das z. B. bei [mm] \wurzel{3} [/mm] + [mm] \wurzel{2} =\wurzel{2} [/mm] + [mm] \wurzel{3} [/mm] machen?
Das Wesen der Axiome ist schon , dass sie eben nicht bewiesen werden können. Damit kann man aber doch ganz gut leben: Es darf ja jeder sein eigenes (widerspruchsfreies) Axiomensystem aufstellen und versuchen vernünftige Dinge zu beweisen.
Der axiomatische Aufbau der Mathematik hat sich wohl in den letzten 100 Jahren durchgesetzt. Es gab mal eine "Gegenrichtung" , die sog. Konstruktivisten, die alles (einschließlich der natürlichen Zahlen ) konstruieren wollten. Vielleicht sind sie damit nicht sehr weit gekommen, da man (oder zumindestens ich) von dieser Richtung nichts mehr hört.
Mir erscheint der axiomatische Ansatz doch auch sehr naheliegend: man kann doch nicht ewig weiter "warum" fragen. Damit meine ich, dass man beim "Aufbau" der Mathematik mit irgendwelchen "Grundwahrheiten" , eben den Axiomen beginnen muss.
Gruß korbinian
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(Frage) beantwortet | Datum: | 17:38 Mi 25.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo korbinian!
Danke für die Antwort !
[mm] \wurzel{2} [/mm] + [mm] \wurzel{3}= [/mm] 0,000000000000000000000000000000...............(unendlich(!))...................................1 addiere man diese Zahl genug oft , dann bekommt man z.b Wurzel aus 2 bzw.3 . Dann ist die Summe von Wurzel 2 + Wurzel 3 gleich der Summe von Wurzel 3 + Wurzel 2, denn wir haben doch nicht mehr anderes als die Summe von einer unendlich kleiner Einheit, die ich meine auch analog zu dem untenstehenden Beispiel konstruieren lässt.
Mein Gedanke war so , dass 1+1=1+1 ist oder ein Beispiel
3+4=(1+1+1 ) + (1+1+1+1) = 1+1+1+1+1+1+1= (1+1+1+1) + (1+1+1)= 4+3
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Hallo Igor
dein Beispiel für 3+4 will ich nicht "angreifen". Aber deine unendlich kleine Einheit ist kein definierter Begriff. So wie du es darstellst geht es m.E. nicht: nach unendlich vielen Nullen "ist kein Platz" mehr für eine 1.
Gruß korbinian
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(Frage) beantwortet | Datum: | 20:09 Mi 25.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Man kann ja sagen, dass man eine unendlich kleine Zahl als eine Größe nimmt, wobei sie nicht Null ist, also verschieden von dem folgenden Ausdruck ist : 0,00000000000............................00000 Unsere unendlich kleine Zahl wäre somit mit einer 1 am Ende . Also die Anzahl der Nullen wäre unendlich gross und dann käme noch die Eins dazu.
Anders gesagt, wir erzeugen eine unendlich kleine Zahl. Welche solche Zahl käme in Frage, die größer Null ist? - eine Zahl , die mindestens eine Zahl in ihrer Dezimalfolge verschieden von Null hat. Ich denke, dass solche Zahl nur so dann aussehen muss: 0,00000000.............000000......0000001.
Kann man eine unendlich kleine Zahl vorstellen, die größer Null ist?
Dann wäre diese genau die Zahl, die ich hiermit meine !
Wenn wir diese unendlich kleine Zahl genug summieren , dann kämen wir auf jede beliebige Zahl. So nehmen wir diese Zahl als Standard , dann können wir mit ihr rechnen wie mit den Einsen . Also hätten wir 1*(Stern)=0,0000000000000.........0000000000...........000001 . Z.B hätten wir dann Wurzel 2= 1*+1*.........+1*+1* bis man Wurzel 2 hat.
Natürlich bin ich mit dem Unedlichen nicht so bewandert , jedoch ich würde dies zur Diskussion stellen
So!
Wie findet ihr meine Phantasie?
Schöne Grüße
Igor
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(Antwort) fertig | Datum: | 09:25 Do 26.07.2007 | Autor: | SEcki |
> Man kann ja sagen, dass man eine unendlich kleine Zahl als
> eine Größe nimmt, wobei sie nicht Null ist, also
> verschieden von dem folgenden Ausdruck ist :
> 0,00000000000............................00000 Unsere
> unendlich kleine Zahl wäre somit mit einer 1 am Ende . Also
> die Anzahl der Nullen wäre unendlich gross und dann käme
> noch die Eins dazu.
Tja, also deine Idee hatte ich auch mal - hat die nicht jeder einmal?
> Kann man eine unendlich kleine Zahl vorstellen, die größer
> Null ist?
Nun - ja, aber nicht in der normalen Analysis- Da hast du folgendes Problem: deine unendlich kleine Zahl kann man nicht darstellen, dein Ausdruck oben ist nicht definiert - und führt das nicht zu Widersprüchen? Eine Zahl die direkt nach der 0 kommt - eigtl. müsste man dann [m]0<\bruch{0+z}{2}
Zu deiner Idee: die wurde tatsächlich als nicht Standard Analysis in Spiel gebracht - das sind dann hyperreelle Zahlöen.
> Dann wäre diese genau die Zahl, die ich hiermit meine !
Diese Zahl gibt es so eben einfach nicht ...
> Wenn wir diese unendlich kleine Zahl genug summieren , dann
> kämen wir auf jede beliebige Zahl.
Das Summieren hört sich sehr heftig an - eher überabzählbar. Jede abzählbare Summe müsste doch unendlich viel nicht treffen bzw.: wie genau soll das von Statten gehen?
SEcki
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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:11 Do 26.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo SEcki,
danke Dir für die Antwort!
Sicherlich habe ich mich mit der Nichtstandard-Analysis nicht beschäftigt.
Kann man mit NSA das Kommutativgesetz bewiesen b.z.w. versucht zu beweisen und gescheitert?
P.S: in einem Buch stand , dass man die Axiome ( nehmen wir direkt die der reellen Zahlen) nicht beweisen kann. Hat man das bewiesen, dass man sie nicht beweisen kann?
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:24 Do 26.07.2007 | Autor: | SEcki |
> Sicherlich habe ich mich mit der Nichtstandard-Analysis
> nicht beschäftigt.
Und nun? Willst du das machen?
> Kann man mit NSA das Kommutativgesetz bewiesen b.z.w.
> versucht zu beweisen und gescheitert?
Wir drehen uns im Kreis - hast du mal einen Beweis gesehen, der "grün sein" beweist? Beweise doch mal, dass "grün sein" - absurd. Beweise, das eine Gurke grün ist - das ist schon logischer. So verhält es sich hier auch ... die NSA beweist nicht "grün sein", sondern gibt eine Art Körper an, die eben grün ist.
SEcki
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(Frage) beantwortet | Datum: | 20:44 Do 26.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo SEcki,
wir wissen, dass die Wurzel aus 2 eine Zahl ist, die wir jedoch nicht so leicht sie als eine Zahl mit unendlichen vielen Nullstellen darstellen können. Jedoch wir können uns beliebig weit dieser Dezimalfolge folgern, also wenn wir unendlich viel Zeit haben. So, dann kann man für jedes Glied dieser Folge eine Norm einführen , das sähe folgendermassen aus :
[mm] \wurzel{2}=1,414212562......................................................
[/mm]
Also starten wir ganz am Anfang dieser Folge; 1 die Norm dafür wäre Eins
für den nächsten glied 1,4 wäre die Norm 0,1 , für 1,41 wäre dann die Norm 0,01 und soweiter so laufen weiter wie Einstein neben dem Lichtstrahl lief. Jedesmal finden wir eine Norm , auch für 1,414212562 , die wäre 0,000000001. Jetzt wirst Du sagen, dass wir [mm] \wurzel{2} [/mm] niemals vollkommen erreichen würden. Jedoch wir werden beliebig genau diese Zahl bestimmen können, wenn auch nicht vollkommen. Wenn wir nicht wissen wie sie genau aussieht, wie können wir mit ihr so genau rechnen, dürfen wir ohne zu wissen wie gross sie genau ist , mit ihr rechnen. Also ich denke für jede Anzahl ihrer Dezimalfolgenglieder kann man eine Norm bestimmen. So könnte man für jede gleiche Anzahl der Dezimalfolgenglieder von Wurzel aus 2 und Wurzel aus 3 zeigen, dass
[mm] \wurzel{2}+\wurzel{3}=\wurzel{3}+\wurzel{2} [/mm] ( bis zu einem bestimmten Folgenglied, (aber auch für jeden weiteren auch, also für jeden , wenn man unendlich viel Zeit hat.)
Z.B 1,4 +1,7= 0,1 +0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1 + 0,1 +0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1 = 0,1 +0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1 + 0,1 +0,1+0,1 + 0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0,1+0, =1,7 +1,4
Schöne Grüße
Igor
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:32 Do 26.07.2007 | Autor: | Blech |
Das grundsätzliche Problem ist das gleiche wie das mit Gott und der Schöpfung.
Egal wieviel mehr Antworten die modernen Theorien über das Universum und seine Gesetze liefern als "Gott hat es gemacht", bleibt das ursprüngliche Problem, wie wir von "nichts" zu "was" kamen, doch das gleiche.
Die Grundidee in der Mathematik ist es, möglichst viel aus einigen Grundannahmen zu deduzieren, also ist prinzipiell der Gedanke nicht schlecht, einige Axiome abschaffen zu können.
Allerdings hat bis jetzt keine andere Definition wirklich einen Vorteil gebracht. Die Axiome, so wie sie jetzt sind, haben den Vorteil, daß sie die Forderungen abbilden, die wir aufgrund unserer Erfahrungen mit der Realität an die reellen Zahlen stellen (ich weiß, ein blasphemischer Gedanke für einen Mathematiker, geradezu eines Physikers würdig =).
Die Versuche, die ich gesehen habe, das ganze anders zu definieren (nur grob überflogen, alles sehr vage), ruinieren diese schöne Verbindung, ohne die Anzahl der benötigten Axiome in ihrer Substanz zu reduzieren.
Um zurück zum Anfang zu kommen: Auch wenn wir immer noch nicht wissen, wieso das Universum beschloß zu existieren, ist die Forschung doch sehr hilfreich, weil unser Wissen über die Mechanismen uns hilft, den Ist-Zustand zu verstehen. Diese Forderung würde ich auch an neue Ansätze für die Mathematik stellen und der generelle Konsens scheint zu sein, daß im Moment nichts das wirklich erfüllt
EDIT: Spezifisch zu Deiner Frage:
Du solltest Dir vielleicht mal Grenzwertbildung u.ä. näher anschauen, da geht es um die Formalismen, die Du intuitiv verwendest. Analysis 1 von Otto Forster ist imho eins der besten Bücher für diesen Zweck imho.
Somebody hat aber schon das Hauptproblem mit Deinem Ansatz erwähnt (s.u.):
Es gibt natürlich eine Konstruktion der reellen Zahlen und den damit verbundenen Beweis sämtlicher Körperaxiome (inklusive Vollständigkeit) geeignet definierter reeller Zahlen. Dies allerdings auf der Grundlage einer axiomatischen Mengenlehre, die leider in gewisser Hinsicht in der Tat eine "freischwebende Konstruktion" ist: die also keine eigentlich rationale, aber immerhin die eine oder andere pragmatische Rechtfertigung bieten kann: wie Plausibilität (für die meisten, aber nicht für alle Mathematiker) und bisher nicht zu direkten Widersprüchen der Form eführt zu haben.
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Hallo Igor,
du hast ja eine interessante Diskussion losgetreten.
Die einen versuchen alle Axiome zu vermeiden, die anderen versuchen es mit der NSA. Vielleicht kommt aber folgendes deiner ursprüngliche Frage nahe: Wir akzeptieren Aussagen, die wir nicht beweisen können, eben die Axiome. D.h. wir bauen die Mathematik axiomatisch auf. Die Anzahl der Axiome wollen wir aber minimal halten. Dann stellt sich heraus, dass die"üblichen" Körperaxiome (2 mal abelsche Gruppe plus Ditributivgesetz) nicht minimal sind!! Und es ist sogar so, dass man auf das Kommutativgesetz der Addition verzichten kann und dieses mit Hilfe der anderen Axiome beweisen kann. Siehe dazu:
Definition: Ring
Gruß korbinian
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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:47 Sa 28.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo korbinian,
wenn es also einen Beweis dazu gibt ( dh. ohne wenn und aber...) , dann scheint dieser Beweis "neu" zu sein, denn es wird in den Büchern von der Unbeweisbarkeit gesprochen. Erleben wir eine Revolution? .
Ok, die andere Frage ist , wie verlässlich die anderen Axiomen sind , auf denen der Beweis beruht, wir müßten die Richtigkeit von den anderen Axiomen nachweisen. Am Ende kämen wir dann zu Gödel, der bewiesen hat, dass man im Grunde nicht alle Axiome aus der Welt schaffen kann.
Jedoch wäre das Kommutativgesetz also mit den Axiomen der Analysis beweisbar, was uns nichts davon abbringt, dieses einfach als Axiom abzuschaffen.
Ich habe diese konkrete Frage über die Beweisbarkeit des Kommutativgesetzes deshlab gestellt, weil im Buch "Fermats Letzter Satz" auf der Seite 163-164 folgendes (zitiert) steht: "Am Ende standen die Logiker vor ein Paar Kernaussagen, die so grundlegend waren, dass sie selbst nicht bewiesen werden konnten" , also wie z.B m+n=n+m n,m [mm] \in \IR.
[/mm]
Schöne Grüße
Igor
P.S: Ich kennzeichne diesen Beitrag als Frage, damit die Diskussion besser weiter gehen könnte.
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:51 Sa 28.07.2007 | Autor: | Hund |
Hallo,
man kann die Axiome beweisen, wenn man andere Axiome einführt. Es ist aber zweckmäßig, die Analysis aufbauend auf den Körperaxiomen, der Vollständigkeit von IR und dem Axiom von Archimedes in Vorlesungen zu begründen, weil ja diese Axiome anschaulich klar sind. Natürlich kann man auch die Körperaxiome auf andere Axiome zurückführen, aber ganz Abschaffen kann man Axiome nicht, weil aus Nichts ja auch Nichts folgt.
An die Richtigkeit der Axiome muss man einfach glauben, aber die Körperaxiome sind ja anschaulich klar. Einzig das Auswahlaxiom der Mengenlehre ist bis heute Umstritten. Das ist nämlich nicht so offensichtlich.
Ich hoffe, es hat dir geholfen.
Gruß
Hund
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:09 Sa 28.07.2007 | Autor: | Somebody |
> Hallo,
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> man kann die Axiome beweisen, wenn man andere Axiome
> einführt. Es ist aber zweckmäßig, die Analysis aufbauend
> auf den Körperaxiomen, der Vollständigkeit von IR und dem
> Axiom von Archimedes in Vorlesungen zu begründen, weil ja
> diese Axiome anschaulich klar sind.
Man könnte sich natürlich genau so gut auf den Standpunkt stellen, dass man die transfinite Mengenlehre (in einer geeigneten axiomatischen Form) ohnehin brauche und deshalb die ganze Analysis aus einer solchen Mengenlehre heraus aufbauen sollte.
> Natürlich kann man auch
> die Körperaxiome auf andere Axiome zurückführen, aber ganz
> Abschaffen kann man Axiome nicht, weil aus Nichts ja auch
> Nichts folgt.
Das scheint richtig zu sein. Es ist richtig, wenn man von einer bestimmten Annahme ausgeht: der Annahme, dass Mathematik eine rein deduktive, mit dem Auffinden von "formal analytischen" Wahrheiten beschäftigte Wissenschaft sei. Aber diese Annahme wird nicht von allen geteilt. Ein bekannter Konstruktivist, Paul Lorenzen, war z.B. der Ansicht, dass es zumindest in zentralen Teilen der Mathematik wie Arithmetik und Analysis auch sogenannte "formal synthetische" Wahrheiten gibt. Eben zum Beispiel Wahrheiten, die wir aufgrund unserer Kenntnis formaler Konstruktionen (Kalkülen, Algorithmen usw.) einsehen können.
> An die Richtigkeit der Axiome muss man einfach glauben,
> aber die Körperaxiome sind ja anschaulich klar.
Mit den Körperaxiomen hat auch kaum jemand ein Problem. Schwieriger wirds, wenn es um die Existenz eines ordnungsvollständigen Körpers wie [mm] $\IR$ [/mm] geht.
> Einzig das
> Auswahlaxiom der Mengenlehre ist bis heute Umstritten.
Könnte ich nicht bestätigen. Für Konstruktivisten ist schon das Potenzmengenaxiom suspekt. Und das Ersetzungsaxiom von ZF hat, beispielsweise, in der Kardinalzahltheorie derart weitreichende Folgen, dass es von manchen als Segen und von anderen als Fluch wahrgenommen wird.
>Das ist nämlich nicht so offensichtlich.
Es mutet Laien sicher merkwürdig an zu hören, dass sich Mathematiker in Grundlagenfragen auf Plausibilität und Offensichtlichkeit von Annahmen verlassen, deren Widerspruchsfreiheit insgesamt sie nicht von vornherein als gesichert nachweisen können.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:51 So 29.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo Hund,
ich bin davon ausgegangen, dass wenn man etwas beweisen kann, dieses nicht mehr als Axiom verstanden wird. Korbinian hat auf einer Internetseite den Beweis des Kommutativgesetzes gefunden, in dem das Kommutativgesetz aus den weiteren Axiomen der reellen Zahlen hergelitet wird. D.h. man braucht nur die anderen Axiomen als Grundlage, wobei das Kommutativgesetzt nicht mehr als Axiom angesehen wird, wenn es mitden anderen Axiomen bewiesen werden kann.
Schöne Grüße
Igor
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:52 So 29.07.2007 | Autor: | Somebody |
> Hallo Hund,
>
> ich bin davon ausgegangen, dass wenn man etwas beweisen
> kann, dieses nicht mehr als Axiom verstanden wird.
In dieser Formulierung glaube ich zwei Gefahren zu erkennen: Erstens, den Begriff der Beweisbarkeit als absolut zu nehmen (eine Aussage ist im Sinne einer logischen Deduzierbarkeit nie einfach "beweisbar", sondern nur "beweisbar aus ...") und, zweitens, den Begriff des Axioms ebenso absolut zu nehmen (eine Aussage ist nie einfach "ein Axiom" sondern sie hat allenfalls die Funktion eines Axioms in einem bestimmten System deduktiven Schliessens - in einem anderen System braucht dieselbe Aussage kein Axiom zu sein).
Welche Aussagen man als Axiome an den Anfang stellen will ist also bis zu einem gewissen Grade willkürlich. Eine Aussage die im einen System deduktiven Schliessens ein Axiom ist kann in einem anderen System eine beweisbare Aussage sein (und umgekehrt).
Die Frage "Ist das Kommutativgesetz ein Axiom?" ist daher schon von vornherein falsch gestellt. - Allenfalls könnte man fragen: "Ist das Kommutativgesetz in der Analysisvorlesung meines Professors XYZ ein Axiom?" - Dazu könnte ich dann nur sagen: Kann sein! Kann aber auch nicht sein.
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(Frage) beantwortet | Datum: | 21:56 So 29.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo Somebody,
nenne mir bitte dann ein Axiom das bei allen Proffessoren als Axiom gilt.
Oder was die uns vermitteln einfach eine willkürliche Sache ist? Also ist das Kommutativgesetz entweder ein Axiom oder nicht. Oder ist das ein Paradoxon? Man kann beweisen z.B dass das Kommutativgesetz kein Axiom ist, egal was der Proffessor sagt, denn ich kann logische Schlüße ziehen z.B aus den anderen Axiomen der reellen Zahlen ( bzw. aus anderen als wahr genommenen Aussagen). Oder ist die Logik wieder eine willkürliche Sache?
PARADOX ! Ich sehe nur Paradox !
Schöne Grüße
Igor
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(Antwort) fertig | Datum: | 22:37 So 29.07.2007 | Autor: | Blech |
*jingle* Die folgende Antwort wird Ihnen präsentiert von Somebody's letztem Post
> Hallo Somebody,
>
> nenne mir bitte dann ein Axiom das bei allen Proffessoren
> als Axiom gilt.
In dieser Formulierung glaube ich zwei Gefahren zu erkennen: Erstens, den Begriff der Beweisbarkeit als absolut zu nehmen (eine Aussage ist im Sinne einer logischen Deduzierbarkeit nie einfach "beweisbar", sondern nur "beweisbar aus ...") und, zweitens, den Begriff des Axioms ebenso absolut zu nehmen (eine Aussage ist nie einfach "ein Axiom" sondern sie hat allenfalls die Funktion eines Axioms in einem bestimmten System deduktiven Schliessens - in einem anderen System braucht dieselbe Aussage kein Axiom zu sein).
> Oder was die uns vermitteln einfach eine willkürliche
> Sache ist?
Welche Aussagen man als Axiome an den Anfang stellen will ist also bis zu einem gewissen Grade willkürlich. Eine Aussage die im einen System deduktiven Schliessens ein Axiom ist kann in einem anderen System eine beweisbare Aussage sein (und umgekehrt) (eine Aussage ist nie einfach "ein Axiom" sondern sie hat allenfalls die Funktion eines Axioms in einem bestimmten System deduktiven Schliessens - in einem anderen System braucht dieselbe Aussage kein Axiom zu sein).
> Also ist das Kommutativgesetz entweder ein Axiom
> oder nicht.
Die Frage "Ist das Kommutativgesetz ein Axiom?" ist daher schon von vornherein falsch gestellt.
> Oder ist das ein Paradoxon? Man kann beweisen
> z.B dass das Kommutativgesetz kein Axiom ist, egal was der
> Proffessor sagt, denn ich kann logische Schlüße ziehen z.B
> aus den anderen Axiomen der reellen Zahlen ( bzw. aus
> anderen als wahr genommenen Aussagen).
(eine Aussage ist nie einfach "ein Axiom" sondern sie hat allenfalls die Funktion eines Axioms in einem bestimmten System deduktiven Schliessens - in einem anderen System braucht dieselbe Aussage kein Axiom zu sein)
*jingle* Diese Antwort wurde Ihnen präsentiert von Somebody's letztem Post
Sorry Somebody, ich entferns gerne wieder, wenn du mit "Deiner" Antwort nicht einverstanden bist =)
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:11 Mo 30.07.2007 | Autor: | Igor1 |
über welches System des deduktiven Schließens wir reden, denke ich ist allen klar (siehe die History des Forums).
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:29 Sa 28.07.2007 | Autor: | Somebody |
> Hallo Igor,
> du hast ja eine interessante Diskussion losgetreten.
> Die einen versuchen alle Axiome zu vermeiden, die anderen
> versuchen es mit der NSA. Vielleicht kommt aber folgendes
> deiner ursprüngliche Frage nahe: Wir akzeptieren Aussagen,
> die wir nicht beweisen können, eben die Axiome. D.h. wir
> bauen die Mathematik axiomatisch auf.
Du hattest in einem früheren Beitrag noch die Bedingung der Widerspruchsfreiheit erwähnt. Die scheinst Du nun fallengelassen zu haben. - Bemerkenswert. - Bei der Zusatzbedingung der Widerspruchsfreiheit ist nämlich für einen solchermassen heiter-optimistisch-axiomatischen Ansatz leider der Wurm drin....
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Hallo Leute!
Das hier ist eine wirklich interessante Diskussion! Toll!
Ich habe hier noch etwas ganz Unterhaltsames auf den tollen Mathematikseiten von Arndt Brünner gefunden, was zwar nicht zentral zum Thema der Axiome passt, jedoch vielleicht hier ganz gut aufgehoben ist...
Bistromathics
Bistromathics is simply a revolutionary new way of understanding the behavior of numbers. Just as Einstein observed that space was not an absolute but depended on the observer's movement in space, and that time was not an absolute, but depended on the observer's movement in time, so it is now realized that numbers are not absolute, but depend on the observer's movement in restaurants.
The first nonabsolute number is the number of people for whom the table is reserved. This will vary during the course of the first three telephone calls to the restaurant, and then bear no apparent relation to the number of people who be actually turn up, or to the number of people who subsequently join them after the show/match/party/gig, or to the number of people who leave when they see who else has turned up.
The second nonabsolute number is the given time of arrival, which is now known to be one of those most bizarre of mathematical concepts, a recipriversexcluson, a number whose existence can only be defined as being anything other than itself. In other words, the given time of arrival is the one moment of time at which it is impossible that any member of the party will arrive. Recipriversexclusons now play a vital part in many branches of math, including statistics and accountancy and also form the basic equations used to engineer the Somebody Else's Problem field.
The third and most mysterious piece of nonabsoluteness of all lies in the relationship between the number of items on the check, the cast of each item, the number of people at the table and what they are each prepared to pay for. (The number of people who have actually brought any money is only a subphenomenon in this field.)
The baffling discrepancies that used to occur at this point remained uninvestigated for centuries simply because no one took them seriously. They were at the time put down to such things as politeness, rudeness, meanness, flashiness, tiredness, emotionality or the lateness of the hour, and completely forgotten about on the following morning. They were never tested under laboratory conditions, of course, because they never occurred in laboratories not in reputable laboratories at least.
And so it was only with the advent of pocket computers that the startling truth became finally apparent, and it was this:
Numbers written on restaurant check within the confines of restaurants do not follow the same mathematical laws as numbers written on any other pieces of paper in any other parts of the Universe.
This single statement took the scientific world by storm. It completely revolutionized it. So many mathematical conferences got held in such good restaurants that many of the finest minds of a generation died of obesity and heart failure and the science of math was put back by years.
Slowly, however, the implications of the idea began to be understood. To begin with it had been too stark, too crazy, too much like what the man in the street would have said "Oh, yes, I could have told you that." Then some phrases like "lnteractive Subjectivity Frameworks" were invented, and everybody was able to relax and get on with it.
The small groups of monks who had taken up hanging around the major research institutes singing strange chants to the effect that the Universe was only a figment of its own imagination were eventually given astreet theater grant and went away.
D. Adams
aus: Life, the universe and everything
Mit lieben Grüßen
Goldener Schnitt
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:50 Di 31.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo,
die Diskussion ist so umfangreich , dass wir schon Beiträge auf Englisch haben (was auch in Ordnung ist ). Ich habe das Gefühl, dass sich aus einer Diskussion (über die Beweisbarkeit des Komtutativgesetzes) noch viele weitere Diskussionen um das Thema Axiome entwickelt haben. Alle sind diese Fragen sehr interessant. Ich möchte jedoch eine bestimmte Frage ,nur zur Ehre der Ordnung, () klären , und zwar:
Kann man das Kommutativgesetz aus den anderen vielen bekannten Axiomen der reellen Zahlen in der Analysis (Assoziativ, Distributiv-Gestze...) beweisen? Wenn ja, dann ist das Kommutativgesetz kein Axiom mehr in diesem System.
Diese Frage sollte eine Zusammenfassung im Bezug auf die Frage über das Kommutativgesetz dienen.
Schöne Grüße
Igor
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:14 Di 31.07.2007 | Autor: | Hund |
Hallo,
wenn ich deine Frage richtig verstanden habe, möchtest du wissen, ob man das Kommutativgesetzt aus den restlichen Körperaxiomen (und auch nur diesen) folgern kann?
Wenn ja, dann wäre das Kommutativgesetzt als Axiom natürlich überflüssig. Aber man kann es nicht daraus folgern, was man wiederum auch theoretisch beweisen kann. Dazu muss man eine Menge finden, die allen Körperaxiomen außer dem Kommutativgesetzt genügt. Dann weis man, dass die anderen Körperaxiome dieses nicht implizieren können.
Ich hoffe, es hat dir geholfen.
Gruß
Hund
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:06 Di 31.07.2007 | Autor: | Igor1 |
Hallo Hund,
lies bitte den Beitrag von korbinian "Der Beweis".
Meine Frage bezieht sich auf diesen Beitrag.
Schöne Grüße
Igor
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(Antwort) fertig | Datum: | 19:55 Di 31.07.2007 | Autor: | Merle23 |
So, jetz geb ich auch ma meinen Senf dazu ;)
1) Um erstma deine Frage zu beantworten: Der Beweis, den korbinian gelinkt hat, sieht für mich erstma richtig aus - die Kommutativität der Addition lässt sich in einem Ring mit Eins also beweisen und braucht deswegen in diesem Falle auch nicht als Axiom erwähnt werden.
2) Wieso macht man es trotzdem? Ich denk ma einfach wegen der Übersichtlichkeit. Es ist leichter sich zu merken, dass ein Ring/Körper/Vektorraum eine abelsche Gruppe mit einer Multiplikation/etc. ist, als dass man sich für jede Struktur nun immer ein anderes "Paket" an Axiomen merken muss.
3) Axiome können nicht bewiesen werden. Diese Aussage ist salopp gesagt richtig, man muss bloß immer angeben welche anderen Axiome man schon als gegeben ansieht. Wenn man zwei verschiedene Axiomensysteme hat, dann kann eine Aussage in dem einem System vll bewiesen werden (sie wird dann zu einem Satz), während sie in dem anderen Axiomensystem unentscheidbar ist. In diesem Falle hat man drei Möglichkeiten:
i) Die Aussage als Axiom aufnehmen,
ii) Die Negation der Aussage als Axiom aufnehmen (da die Aussage nicht entscheidbar ist, ist auch die Negation dieser nicht entscheidbar),
iii) Die Aussage einfach ignorieren mit der Bemerkung "Sie ist nicht entscheidbar.".
4) Um dir das Leben mit den Axiomen der reellen Zahlen leichter zu machen, kannst du dir einfach merken, dass das Körperaxiom ein einziges Axiom ist (und nicht 8/9/10, kA wieviele da nun genau drin sind), nämlich "Die reellen Zahlen bilden einen Körper". Wie du nun "Körper" definierst, also welche Axiome du dafür zugrunde legst, das ist dann deinem Geschmack überlassen.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:50 Mi 25.07.2007 | Autor: | Somebody |
> Hallo
> leider klappt das nicht so. Schon bei den reellen Zahlen
> bekommst du Schwierigkeiten: nicht jede reelle Zahl ist als
> endlicher Dezimallbruch darstellbar. Wie willst du das z.
> B. bei [mm]\wurzel{3}[/mm] + [mm]\wurzel{2} =\wurzel{2}[/mm] + [mm]\wurzel{3}[/mm]
> machen?
> Das Wesen der Axiome ist schon , dass sie eben nicht
> bewiesen werden können. Damit kann man aber doch ganz gut
> leben: Es darf ja jeder sein eigenes (widerspruchsfreies)
> Axiomensystem aufstellen und versuchen vernünftige Dinge zu
> beweisen.
> Der axiomatische Aufbau der Mathematik hat sich wohl in
> den letzten 100 Jahren durchgesetzt. Es gab mal eine
> "Gegenrichtung" , die sog. Konstruktivisten, die alles
> (einschließlich der natürlichen Zahlen ) konstruieren
> wollten.
Es gibt solche "Spinner" noch immer (reimt sich sogar). Ich denke auch nicht, dass es sich um Spinner handelt: nur um Leute, die sehr hohe Anforderungen an rationale Begründbarkeit der Grundlagen stellen.
Es gibt natürlich eine Konstruktion der reellen Zahlen und den damit verbundenen Beweis sämtlicher Körperaxiome (inklusive Vollständigkeit) geeignet definierter reeller Zahlen. Dies allerdings auf der Grundlage einer axiomatischen Mengenlehre, die leider in gewisser Hinsicht in der Tat eine "freischwebende Konstruktion" ist: die also keine eigentlich rationale, aber immerhin die eine oder andere pragmatische Rechtfertigung bieten kann: wie Plausibilität (für die meisten, aber nicht für alle Mathematiker) und bisher nicht zu direkten Widersprüchen der Form [mm] $A\wedge \neg [/mm] A$ eführt zu haben.
> Vielleicht sind sie damit nicht sehr weit
> gekommen, da man (oder zumindestens ich) von dieser
> Richtung nichts mehr hört.
Es gibt eben, wie in der Politik, "dominante Ideologien", die den Diskurs an den Schulen dominieren. Nur ist natürlich "Wahrheit" etwas anderes als blosse Dominanz im Diskurs.
> Mir erscheint der axiomatische Ansatz doch auch sehr
> naheliegend: man kann doch nicht ewig weiter "warum"
> fragen.
Das wusste, wie gesagt, schon Aristoteles. Aber ein solches Argument könnte verwendet werden, um beliebig Herbeipostuliertes zu rechtfertigen. Mit anderen Worten: es beweist zuviel.
> Damit meine ich, dass man beim "Aufbau" der
> Mathematik mit irgendwelchen "Grundwahrheiten" , eben den
> Axiomen beginnen muss.
Die Körperaxiome sind eben nicht "Grundwahrheiten" in diesem Sinne, sondern lediglich ein Mittel der Klassifikation und der damit verbundenen Denkökonomie: so kann man nämlich, gestützt auf diese Körperaxiome, auf einen Schlag Sätze beweisen, die für alle Elemente einer grossen Klasse von mathematischen Objekten, hier genannt "Körper", gelten.
Ob die axiomatische Methode als Grundlagenstandpunkt für die Mathematik geeignet ist, ist wieder eine ganz andere Frage: und hier weicht in der Tat z.B. die konstruktive Mathematik von der dominanten, sich manchmal gerne "klassisch" nennenden Mathematik grundlegend ab.
Aus meiner (unmassgeblichen) Sicht ist die Grundlagenkrise der Mathematik nicht wirklich überstanden, sondern wuchert im Untergrund weiter fort...
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> Hallo,
>
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> wie bekannt ist , baut die Analysis auf den Körperaxiomen
> auf.
Der Körper der reellen Zahlen wird für die Analysis zwar gebraucht, aber es ist durchaus nicht so, dass blosse Körperaxiome genügen, um die Analysis im ansonsten luftleeren Raum aufzubauen. Mit dem Körper der rationalen Zahlen, etwa, liesse sich kaum Analysis treiben (von endlichen Zahlenkörpern ganz zu schweigen).
> Eines der Körperaxiome ist das Kommutativgesetz. In
> einem Buch habe ich gelesen, dass man diese Körperaxiome
> nicht beweisen kann.
Der Begriff des "Axioms" hat leider eine lange, wechselhafte Geschichte hinter sich - und unter dieser Geschichte leiden auch die heute Lebenden ...
Im Zusammenhang mit dem Begriff des "Körpers" wäre es sinnvoller, die Körperaxiome einfach als Aussagen aufzufassen, die ein gewisses mathematisches Objekt erfüllen mag - oder auch nicht. Solche Gruppen von Axiomen wären so gesehen mehr ein Mittel der Klassifikation von mathematischen Objekten (und ein Mittel, über ganze solchermassen gleich klassifizierte Mengen von mathematischen Objekte gewisse Sätze beweisen zu können: also ein Mittel der Denkökonomie).
> Also , dass die Mathematiker müssen
> einfach daran glauben.
Beweisen kann man nie völlig voraussetzungslos: das wusste schon Aristoteles (und er ritt auch beinahe pausenlos auf dieser Einsicht herum). Aber wenn man bereit ist gewisse Voraussetzungen zu akzeptieren, dann lassen sich auch gewisse als "Axiome" bezeichnete Aussagen beweisen. So war ja bekanntlich schon Richard Dedekind der Meinung, er hätte die "Axiome", denen die reellen Zahlen für die Zwecke der Analysis genügen müssen, durchaus bewiesen. Allerdings musste er sich dabei auf, wie sich bald darauf herausstellte, durchaus nicht selbstverständliche Schlussweisen stützen, die wir heute der axiomatischen Mengenlehre zuordnen.
> Meine Frage ist , ob man das
> Kommutativgesetz beweisen kann.
Wie gesagt: man kann, unter gewissen Voraussetzungen.
> Es gilt a+b = b+a a,b [mm]\in \IR[/mm]
> .
>
> Ich habe so versucht zu beweisen:
>
> Spezialfall: a,b [mm]\in \IN[/mm] :
> a+b = 1+1+1+1+1..... a-mal + 1+1+1+1+1+1+1+1+1.... b-mal;
> das ist das gleiche wie b+a. In beiden Fällen steht
> dieselbe Summe von Einsen.
Bekanntlich lassen sich die rationalen Zahlen als blosse Abstraktion von Paaren ganzer Zahlen (und die ganzen Zahlen wiederum als blosse Abstraktion von Paaren natürlicher Zahlen) einführen. Dedekind zeigt dann, wie man, gestützt auf eine allerdings ziemlich starke Mengenlehre, die reellen Zahlen wiederum als blosse Abstraktion von gewissen Mengen rationaler Zahlen ("Schnitten") definieren und deren relevanten Eigenschaften - Kommutativität von Addition und Multiplikation selbstverständlich eingeschlossen - auch beweisen kann.
> Eine Zahl c,d aus [mm]\IR/\IN[/mm] könnteman doch auch so
> schreiben, dass man eine unendlich kleine Einheit nimmt,
> z.B so 0,000000000000000000001 und man addiert sie , bis
> man die Zahl c bzw.d bekommt, was dasselbe wäre, wenn man
> zuerst d erhält und dann dazu c addiert.
>
> Kann man so was machen?
Siehe Dedekinds Weg der Übertragung (und des Beweises) solcher Eigenschaften rationaler Zahlen mittels des Begriffs des "dedekindschen Schnittes" auf reelle Zahlen.
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