Existenz von Zufallsvariablen < stoch. Analysis < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Hallo,
meine Frage ist etwas komisch:
Zum Beispiel beim zentralen Grenzwertsatz lautet die Voraussetzung: Sei [mm] $(X_i)$ [/mm] eine Folge von iid-Zufallsvariablen mit $E [mm] X_i [/mm] = 0$, [mm] $Var(X_i) [/mm] = [mm] \sigma^2$, [/mm] dann gilt [mm] $\frac{\overline{X_n} - \mu}{\sigma} \to [/mm] N(0,1)$ in Verteilung.
Wenn man diesen Satz anwenden möchte, ist es natürlich irgendwie wichtig zu wissen, dass es man wirklich Wahrscheinlichkeitsräume definieren kann, auf denen solch eine Folge von iid-Zufallsvaribalen existiert. Aber ist das nicht für eine Anwendung des Satzes in der Praxis völlig unerheblich?
Man geht doch (bei entsprechenden Experimenten) sowieso davon aus, dass die Beobachtungen iid-Zufallsvariablen sind und nutzt das Resultat, dass sich der Mittelwert für eine große Anzahl an Stichproben wie eine Normalverteilung verhält.
Bei der Brownschen Bewegung wird ja in jedem mathematischen Buch / Skript sehr viel Wert darauf gelegt, dass sie überhaupt existiert. Aus rein mathematischer Sicht ist das natürlich vernünftig.
Aber wieso benötigt man bei Anwendungen, dass ein solcher Prozess wirklich existiert? Wo treten sonst Probleme auf? Dann gelten eben all diese entwickelten Sätze nur für die leere Menge, aber ist das ein Problem in der Praxis?
Ich würde mich freuen, wenn mir jemand etwas dazu schreiben könnte :)
Viele Grüße,
Stefan
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(Antwort) fertig | Datum: | 01:53 Mo 27.05.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Stefan,
der Satz von Andersen/Jessen liefert die Existenz einer iid-Folge von Zufallsgrößen mit beliebiger Verteilung.
> Wenn man diesen Satz anwenden möchte, ist es natürlich
> irgendwie wichtig zu wissen, dass es man wirklich
> Wahrscheinlichkeitsräume definieren kann, auf denen solch
> eine Folge von iid-Zufallsvaribalen existiert. Aber ist das
> nicht für eine Anwendung des Satzes in der Praxis völlig
> unerheblich?
>
> Man geht doch (bei entsprechenden Experimenten) sowieso
> davon aus, dass die Beobachtungen iid-Zufallsvariablen sind
> und nutzt das Resultat, dass sich der Mittelwert für eine
> große Anzahl an Stichproben wie eine Normalverteilung
> verhält.
Angenommen es gäbe keine Wahrscheinlichkeitsräume mit Folgen von iid-Zufallsvariablen. Dann wäre es doch ziemlich absurd, einen realen Vorgang durch eine Folge von iid-Zufallsvariablen zu modellieren. Wer möchte schon die Realität durch ein logisch unmögliches Modell modellieren.
> Bei der Brownschen Bewegung wird ja in jedem mathematischen
> Buch / Skript sehr viel Wert darauf gelegt, dass sie
> überhaupt existiert. Aus rein mathematischer Sicht ist das
> natürlich vernünftig.
> Aber wieso benötigt man bei Anwendungen, dass ein solcher
> Prozess wirklich existiert? Wo treten sonst Probleme auf?
> Dann gelten eben all diese entwickelten Sätze nur für die
> leere Menge, aber ist das ein Problem in der Praxis?
Angenommen ein solcher Prozess existiert nicht. Dann gelten nicht nur die entwickelten Sätze für alle Prozesse, sondern auch alle anderen Aussagen! Dann wäre z.B. für jeden solchen Prozess die Aussage, dass ein gewisses Ereignis Wahrscheinlichkeit 0 hat ebenso richtig wie die Aussage, dass selbiges Ereignis Wahrscheinlichkeit 1 hat. Eine Modellierung, für die alles noch so Absurde gilt, hilft wohl kaum weiter, die Realität besser zu verstehen.
Übrigens halte ich das Auftreten von unendlichen iid-Folgen von Zufallsvariablen in der Realität für äußerst fraglich. Wer kann schon ein Experiment unendlich oft durchführen? Aus meiner Sicht sind also unendliche iid-Folgen ein Objekt der mathematischen und nicht der realen Welt. Für umso wichtiger halte ich, dass sie zumindest in der mathematischen Welt existieren.
Viele Grüße
Tobias
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Hi Tobias,
danke für deine Antwort. Dadurch habe ich einige Denkanstöße bekommen.
Ich werde mich nochmal eingehender damit auseinandersetzen.
Viele Grüße,
Stefan
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