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Produktmaßsatz:
Seien [mm](\Omega_1,\mathcal F_1), (\Omega_2,\mathcal F_2)[/mm] messbare Räume, [mm]\mu_1|\mathcal F_1[/mm] ein [mm]\sigma[/mm]-endliches Maß.
Für [mm]\omega_1\in\Omega_1[/mm] sei [mm]\mu(\omega_1,\bullet)|\mathcal F_2[/mm] ein Maß und [mm]\mu(\bullet,A_2)[/mm] sei messbar für [mm]A_2\in\mathcal F_2[/mm].
Es gelte [mm]\Omega_2=\bigcup B_n[/mm] mit [mm]\mu(\omega_1,B_n)\le k_n[/mm] für [mm]\omega_1\in\Omega_1[/mm]
Dann ex. genau ein Maß [mm]\mu[/mm] auf [mm]\mathcal F=\mathcal F_1\otimes\mathcal F_2[/mm] (der Produkt-[mm]\sigma[/mm]-Algebra) mit
[mm]\mu(A\times B)=\int\limits_{A}{\mu(\omega_1,B)\mu_1(d\omega_1)}, A\in\mathcal F_1, B\in\mathcal F_2[/mm], nämlich [mm]\mu F=\int{\mu(\omega_1,F_{\omega_1})\mu_1(d\omega_1)}, F\in\mathcal F[/mm], wobei [mm]F_{\omega_1}=\{\omega_2\in\Omega_2:(\omega_1,\omega_2)\in F\}[/mm] für [mm]F\subset\Omega_1\times\Omega_2[/mm]
Hallo zusammen,
ich wiederhole gerade etwas Maßtheorie aus Stochastik 1 und kapiere die obige Definition bzw. den Satz nicht. Das Skript gibt nicht mehr an Bezeichnungen her.
Was mir konkret unklar ist, ist zum einen das [mm]\mu[/mm]
Einmal ist es, eingeschränkt auf [mm]\mathcal F_2[/mm], ein Maß, einmal eine messbare Abbildung.
Was hat es damit auf sich? Von wo nach wo bildet [mm]\mu[/mm] was ab und wie sind die Einschränkungen zu verstehen?
Zum anderen ist mir die Schreibweise in den Integralen suspekt.
Ich kenne die Bezeichnung (Definition) [mm]\mu f=\int{f \ d\mu}[/mm] als Integral bzgl. eines Maßes.
Was aber soll [mm]\int{\mu(\omega_1,B)\red{\mu_1(d\omega_1)}}[/mm] bedeuten?
[mm]\red{d\mu_1}[/mm] könnte ich ja noch in Einklang mit unserer Definition des Integrals bzgl. eines Maßes bringen, aber [mm]\red{\mu_1(d\omega_1)}[/mm] nicht ...
Ich wäre für jede kleine Aufklärung dankbar, da ich an diesem Punkt wahrlich feststecke.
Danke vorab!
Gruß
schachuzipus
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Hallo schachu,
vorweg: Ich muß dir zustimmen, dass die Notation hier etwas gewöhnungsbedürftig ist
Vorweg ein paar Begriffsklärungen:
$ [mm] \mu_1|\mathcal F_1 [/mm] $ bezeichnet hier anscheinend einfach das Maß auf [mm] \mathcal{F}_1, [/mm] können wir auch einfach [mm] \mu_1 [/mm] nennen.
Analog dazu ist $ [mm] \mu|\mathcal [/mm] F$ das Maß auf [mm] \mathcal{F}
[/mm]
> Was mir konkret unklar ist, ist zum einen das [mm]\mu[/mm]
>
> Einmal ist es, eingeschränkt auf [mm]\mathcal F_2[/mm], ein Maß,
> einmal eine messbare Abbildung.
[mm] \mu [/mm] ist ein stochastischer Kern und wird eigentlich erst in Stochastik II behandelt.
Für deine Vorstellung kannst du annehmen, dass ein stochastischer Kern die Verallgemeinerung der bedingten Wahrscheinlichkeit ist.
Die Idee dahinter ist folgende: Um das Maß einer Menge $A [mm] \times [/mm] B$ aus dem Produktraum zu bestimmen, fixieren wir ein [mm] $\omega_A \in [/mm] A$, messen die Menge [mm] $\{\omega_A\} \times [/mm] B$ und "summieren" dann über alle Elemente [mm] \omega_A [/mm] aus A auf, wir partionieren A also.
Welches Maß genau die Menge [mm] $\{\omega_A\} \times [/mm] B$ dann erhält, definiert dein [mm] $\mu$.
[/mm]
Warum das dann ein Analogon der bedingten Wahrscheinlichkeit ist, kann man sich mit Hilfe des Satzes der totalen WKeit klarmachen, wo man ja auch den Ereignisraum partioniert.
> Zum anderen ist mir die Schreibweise in den Integralen
> suspekt.
>
> Ich kenne die Bezeichnung (Definition) [mm]\mu f=\int{f \ d\mu}[/mm]
> als Integral bzgl. eines Maßes.
>
> Was aber soll [mm]\int{\mu(\omega_1,B)\red{\mu_1(d\omega_1)}}[/mm]
> bedeuten?
>
> [mm]\red{d\mu_1}[/mm] könnte ich ja noch in Einklang mit unserer
> Definition des Integrals bzgl. eines Maßes bringen, aber
> [mm]\red{\mu_1(d\omega_1)}[/mm] nicht ...
Das ist eine Schreibweise, die die Analogie zum Riemann-Integral hervorheben soll.
Wenn man es in der von dir bekannten Weise schreiben würden, ginge das wie folgt:
Sei [mm] $\mu: (\Omega_1,\mathcal{F}_2) \to [/mm] [0,1]$ stochastischer Kern.
Nehme nun: [mm] $\overline{\mu}: \Omega_1 \to [/mm] [0,1]$ vermöge [mm] $\overline{\mu}(\omega_1) [/mm] := [mm] \mu(\omega_1,F_{\omega_1})$
[/mm]
Mach dir klar, dass dies eine [mm] \mathcal{F}_1 [/mm] - meßbare Abbildung ist.
Dann ist in deiner Schreibweise:
[mm] $\int{\mu(\omega_1,F_{\omega_1})\mu_1(d\omega_1)} [/mm] = [mm] \int{\overline{\mu}}\,d\mu_1$
[/mm]
Allerdings ist die eingeführte Schreibweise (wenn man sich damit angefreundet hat ) intuitiver, da dort klar ist, welche Dinge man in der bedingten WKeit "fixiert".
MFG,
Gono.
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Hossa Gono,
besten Dank erstmal für deine Antwort.
Ich werde mir das nachher mal in Ruhe zu Gemüte führen, muss leider arbeiten ...
Wenn ich noch Fragen habe, melde ich mich - das ist eine Drohung
Gruß und danke nochmal
schachuzipus
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Hallo Gono und alle anderen,
doch nochmal eine Rückfrage; das [mm]\mu[/mm] macht mich noch verrückt und verknotet mir das Hirn...
Du (Gono) sagst, das [mm]\mu[/mm] sei so ein Kern, schön und gut.
Das ist gem. dem link als Abb. von [mm]\Omega_1\times\mathcal F_2\to[0,1][/mm] definiert, was mir mit Blick auf die Einleitung des Satzes auch plausibel erscheint.
Ist denn das [mm]\mu[/mm], das als Maß auf der Produkt-[mm]\sigma[/mm]-Algebra definiert ist, dasselbe oder überschneiden sich da die Bezeichnungen.
Weil das ja eine Abb. von [mm]\red{\mathcal F_1}\otimes\mathcal F_2\to\overline \IR[/mm] ist, oder?
Was mich komplett kirre macht, ist, dass das "neue" Maß als [mm]\mu[/mm] definiert wird, aber [mm]\mu[/mm] auch im Integral als definierender Teil auftritt.
Kannst du mir das nochmal auseinanderpflücken oder gar ein konkretes Beispiel geben?
Ich danke tüchtig!
Liebe Grüße
schachuzipus
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Hallo zum Zweiten Schachu,
> Ist denn das [mm]\mu[/mm], das als Maß auf der
> Produkt-[mm]\sigma[/mm]-Algebra definiert ist, dasselbe oder
> überschneiden sich da die Bezeichnungen.
Da hat der Autor sinnvollerweise wirklich zweimal das gleiche Symbol benutzt
> Kannst du mir das nochmal auseinanderpflücken oder gar ein
> konkretes Beispiel geben?
In Worten sagt der Satz folgendes aus: Zu jedem stochastischen Kern [mm] \mu [/mm] gibt es ein genau ein Maß [mm] $\eta$, [/mm] so dass der stochastische Kern die "Dichte" bzgl des Maßes [mm] $\mu_1$ [/mm] ist.
Und die Definition:
[mm] $\eta(F) [/mm] = [mm] \int{\mu(\omega_1,F_{\omega_1})\mu_1(d\omega_1)}$ [/mm]
ist dann anschaulich genau das gleiche wie beim Riemann-Integral, nämlich man zerlegt die Menge F in kleine [mm] "$\omega_1$ [/mm] - Scheiben", misst mit [mm] \mu [/mm] dass Maß davon und summiert darüber auf.
Als Beispiel kannst du dir selbst mal einen stochastischen Kern definieren und dir obiges Maß ausrechnen, bspw. mal in dem du konkret den Kern suchst, der dir das Lebesgue-Maß auf dem [mm] \IR^2 [/mm] liefert.
MFG,
Gono.
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Hallo Gono,
perfekt, danke!
> In Worten sagt der Satz folgendes aus: Zu jedem
> stochastischen Kern [mm]\mu[/mm] gibt es ein genau ein Maß [mm]\eta[/mm], so
> dass der stochastische Kern die "Dichte" bzgl des Maßes
> [mm]\mu_1[/mm] ist.
Wir würden das gem. Skript wohl so sagen: "[mm]\mu[/mm] ist [mm]\mu_1[/mm]-Dichte von [mm]\eta[/mm]
Kurz nochmal zum stoch. Kern:
Wenn ich das richtig sehe, ist der Begriff "stochastischer Kern" strenger als das hier definierte [mm]\mu[/mm].
Die [mm]\mathcal F_1[/mm]-Messbarkeit bei fixiertem [mm]A_2\subset\Omega_2[/mm] ist dieselbe wie beim stoch. Kern, aber ich denke, die Einschränkung auf [mm]\mathcal F_2[/mm] ist hier "nur" im Sinne eines [mm]\sigma[/mm]-endlichen Maßes gemeint (und nicht als W-Maß).
Ich würde sagen, dass erstmal [mm]\mu:\Omega_1\times\mathcal F_2\to [0,\infty][/mm] gedacht ist ... - richig?
Also alles etwas weiter gefasst.
Das würde auch gut zum folgenden Korollar, dem klassischen Produktsatz, passen, wo auf [mm]\mathcal F_i[/mm] jeweils [mm]\sigma[/mm]-endliche Maße [mm]\mu_i[/mm] betrachtet werden und man das Produktmaß analog zum allg. Satz definiert und anstatt des "ursprünglichen" [mm]\mu(\omega_1,\bullet)[/mm] dann [mm]\mu_2[/mm] hernimmt ... ([mm]i=1,2[/mm])
Ist das einigermaßen richtig zusammengefasst oder ist das immer noch gequirlter Hirnschmalzbrei?
Nochmal 1000 Dank!
Liebe Grüße
schachuzipus
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Hiho,
> Ich würde sagen, dass erstmal [mm]\mu:\Omega_1\times\mathcal F_2\to [0,\infty][/mm]
> gedacht ist ... - richig?
Wenn man pingelig ist: Solange nicht definiert ist, wo die [mm] $k_n$ [/mm] herkommen, kann man dazu gar nix sagen
Aber ja, ich würde das auch so sehen wie du, dass [mm] $\mu(\omega_1,\ldot)$ [/mm] nur ein [mm] $\sigma$-endliches [/mm] Maß sein soll und kein WMaß.
> Ist das einigermaßen richtig zusammengefasst oder ist das
> immer noch gequirlter Hirnschmalzbrei?
Nein, das siehst du richtig
Generell kann man sagen, dass so gut wie alle Sätze, die man in der Stochastik für WMaße zeigt, man diese auf [mm] $\sigma$-endliche [/mm] Maße erweitern kann, darum hatte ich das übersehen
MFG,
Gono.
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Moin Gono,
na, das sind ja mal gute Nachrichten; als nächstes kommt Fubini daher in solch einer verquirlten Notation, dann als Korollar der klassische Fubini ...
Aber nach deiner guten Erklärung ist alles verständlich und ergibt Sinn.
Also nochmal [mm] 10^3 [/mm] Dank für deine tolle Hilfe und bis demnächst!
Gruß
schachuzipus
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