Schuldfrage in Effi Briest < Deutsch < Sprachen < Vorhilfe
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(Frage) reagiert/warte auf Reaktion | Datum: | 21:29 Di 12.02.2008 | Autor: | Sid_87 |
Aufgabe | Wer trägt die Hauptschuld an Effis Tod?
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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ich wollte mal fragen, wie ihr, dass mit der Schuldfrage in Fontanes Effi Briest seht, belegt eure Meinung bitte mit Textstellen, die sich in der Reclam Ausgabe finden lassen.Meine Leistungen im Fach deutsch sind Mündlich gewöhnlich 14-15 Punkte, und ich möchte betonen, dass sich meine Frage, nicht auf eine Aufgabenstellung im Unterricht bezieht, sondern von meinem "privaten" Interesse angetrieben ist.
Generell bin ich ebenfalls für weite wichitge Textstellen mit ggf. Erläuterung sehr verbunden, sofern diese sich nicht auf das oben genannte beziehen.
Ich persönlcih vertrete ich die Auffassung, die Hauptschuld bei der Gesellschaft, also dem "über-ich" eines jeden, der normenbewusst lebt, bzw. diese Lebenseinstellung durch sein passives nichts tun akzeptiert, zu suchen.
für diese Auffassung habe ich bereits einige Textstellen, die sich jedoch auch mit dem Duell in Verbindung bringen lassen. Meine wichtigesten Textstellen sind: (264=Seite/24=Zeile+folgende) und (265/12). Wie ihr seht, ist das noch nicht sehr viel, und ich freue mich auf eure unterstützung!
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:42 Mi 13.02.2008 | Autor: | Josef |
Hallo,
Effis Tod kann man schließlich als Anklage gegen die Gesellschaft sehen. Ihr Lebensüberdruß (,,Ich muß leben, aber ewig wird es ja wohl nicht dauern."53) resultiert direkt aus ihrem Konflikt mit den Normen: Er ist die Reaktion darauf, daß ihre Tochter ihr entfremdet wurde. Mittelmann formuliert
dies folgendermaßen:
,,Gerade der Lebensüberdruss, den die früher so lebenslustige Effi hier zeigt, stellt wohl die nachhaltigste Anklage
dar gegen diese Gesellschaft, deren Aufgabe es doch sein sollte, das Glück der in ihr Lebenden zu verbürgen."54
Effis Tod stellt also eine Anklage gegen die Gesellschaft dar, da ihre Konventionen sie soweit getrieben haben, ihr Leben aufzugeben: Sie hat ihr einen zu schweren Schlag versetzt, als ihr Annie weggenommen wurde.
Es wäre aber auch zu einfach, Effi ausschließlich als Opfer der Gesellschaft darzustellen: Effi bleibt während der gesamten Handlung ein eigenständiger Charakter, der sein Verhalten sehr wohl selbst einschätzen kann. Effi handelt nach den Normen ihrer Umwelt und ist sich dessen auch bewußt. Sie weiß aber auch ganz genau, daß ihr Ehebruch schlimme Konsequenzen haben wird, sie kann genauso ihre Schuld einschätzen. So handelt sie auch verantwortlich: Sie trennt sich von Crampas, weil sie ihn nicht liebt. Dies ist ebenso wie der Ehebruch ihre eigene, nicht von der Gesellschaft vorgeschriebene Tat.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß fast die gesamte Romanhandlung und damit Effis Leben von dem bestimmt wird, was die Gesellschaft vorschreibt: Effi heiratet nach den Regeln der Gesellschaft, führt dementsprechend ihre Ehe und wird für ihren Ehebruch gesellschaftsgemäß bestraft. Allerdings muß man feststellen, daß Effi alles, was sie tut, bewußt tut. Sie weiß genau, daß sie den Normen unterliegt und läßt ihr Handeln davon beeinflussen. Die Affäre mit Crampas stellt einen Ausbruch dar und beweist, daß Effi mit den gesellschaftlichen Konventionen nicht übereinstimmt und dagegen rebelliert. Ihre Eltern zeigen schließlich durch die Liebe zu ihrer ,,gefallenen" Tochter, daß die Konventionen überdacht werden müssen. Fontanes Roman ist also gesellschaftskritisch zu sehen: Er stellt uns Effis Leben als ein Negativbeispiel vor, wie es nicht geführt werden sollte.
Fundstelle
Viele Grüße
Josef
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:00 Mi 13.02.2008 | Autor: | miniscout |
Hi.
Soweit ich mich erinnere, ist sie doch an einer Krankheit gestorben oder nicht? Demnach ist niemand "schuld" an ihrem Tod. (Außer, man möchte die damaligen medizinischen Kenntnisse in Frage stellen )
Zu ihrer wenig schönen Situation am Ende der Geschichte tragen meines Erachtens mehrere Faktoren eine Rolle:
- ihre Eltern, die sie ihrem Ehemann "ausliefern"
- ihr Ehemann, der sie ehelicht, obwohl er sie nicht kennt und sie sehr viel jünger ist, als sie
- sie selbt (sie ist nicht dumm und konnte die Folgen für ihr Handeln abschätzen)
- Crampas (oder wie er nochmal hieß), der Typ, der sie verführte, obwohl er wusste, was das für sie bedeutet. Denn unehrenhaft war es allemal.
- natürlich die Gesellschaft, aber auf die kann man so nahezu alles schieben...
- ihre Freundinnen, die sich nicht um sie scherrten (naja, ob das so zählt, aber immerhin waren sie "beste" Freundinnen)
Seitenangaben musst du dir selbst raussuchen, hab meinen Fontane verlegt.
Gruß miniscout
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Hallo Sid ,
> Ich persönlcih vertrete ich die Auffassung, die Hauptschuld
> bei der Gesellschaft, also dem "über-ich" eines jeden, der
> normenbewusst lebt, bzw. diese Lebenseinstellung durch sein
> passives nichts tun akzeptiert, zu suchen.
Das sehe ich auch so!
Und das macht Fontane durch Kommentare wie "Arme Effi [...]" selber deutlich! Da ich keine Reclam Ausgabe habe, ersprache ich mir die Zeilenangaben.
Liebe Grüße,
Sarah
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:00 Mi 13.02.2008 | Autor: | Sid_87 |
danke erstmal für die Antworten, und die Zeit, die in ihr die Beantwortung gesteckt habt!
zu Josepf wollte ich sagen, dass ich die Textstelle leider nicht gefunden habe. "Zitat Josepf: Ihre Eltern zeigen schließlich durch die Liebe zu ihrer ,,gefallenen" Tochter, daß die Konventionen überdacht werden müssen. - der Satz hat mir sehr gut gefallen. Im restlichen Text waren ohne weiteres einige weitere interessante Aspekte, wobei ich leider die Textstellen vermisst habe. Trotzdem dein dickes Dankeschön von mir, alleine für deine Zeit, schon.
zu espritgirl: joa..ok, dann sind wir einer Meinung. Das "arme Effi" hab ich mir auch iwo unterstrichen, aber der Zusammenhang war mir nicht soo deutlich. Mir viel dies einfach ins Auge, weil es sich um einen Komentar Fontanes handelt, und die nehme ich in der regel, wenn ich sie finde, unter die Lupe, danke also auch dir :)
Generell muss ich zugeben, dass ich schon sehr viel Material habe, aber ich freue mich über jede brauchbare Aussage über diesen Roman, egal welchen Bereich er tangiert. Richtig wertvoll kann es jedoch nur dann werden,wenn textstellen dabei sind.
So dann freue ich mich wieder auf eure antworten :)
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 07:58 Do 14.02.2008 | Autor: | Josef |
Hallo,
Effis Leben endet "mit Gott und Menschen versöhnt, auch versöhnt mit ihm"(S.316). Auf ihrem Grabstein steht lediglich "Effi Briest"(S.317), nichts deutet auf eine Verbindung mit Instetten hin. Somit wird keine Verbindung zu irgendeiner Schuld hergestellt. Es handelt sich hierbei "um eine im gesellschaftskritischen Sinn auf die Gesellschaft zurückfallende tragische Schuld" (S.47 ,Q1)
Fundstelle
Viele Grüße
Josef
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> aber ich freue mich über jede brauchbare
> Aussage über diesen Roman, egal welchen Bereich er
> tangiert. Richtig wertvoll kann es jedoch nur dann
> werden,wenn textstellen dabei sind.
Hallo,
das sehe ich sehr anders.
Du kannst Informationen, die Du bekommst, wertvoll machen, indem Du schaust, ob Du sie mit Textstellen belegen kannst.
Das Ansinnen, daß man hier seine Meinung durch Textstellen aus einer ganz bestimmten Ausgabe mit Seite und Zeile belegen soll, schießt meinem Empfinden nach doch etwas übers Ziel hinaus.
Gruß v. Angela
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> Ich persönlcih vertrete ich die Auffassung, die Hauptschuld
> bei der Gesellschaft, also dem "über-ich" eines jeden, der
> normenbewusst lebt,
Hallo,
sicher spielt "die Gesellschaft" mit ihren Normen und daraus resultierenden Zwängen einen Teil der Schuld - und dies ist sicher auch das, was man von Dir hören möchte.
Aber es wird doch nicht nur hier leicht vergessen, daß es innerhalb der Gesellschaft (gestern und heute) für die Einzelnen durchaus gewisse Spielräume und Möglichkeiten gibt, und zwar solche, die keinen Bruch mit der Gesellschaft zur Folge haben, und insofern realistisch sind.
Bei Effi sind dies die Eltern, die die Heirat hätten mit dem Hinweis auf die Jugend und Unreife ihrer Tochter verhindern oder zumindest ohne Gesichtsverlust aufschieben können.
Und ihr Ehemann hätte mit einer Spur Einfühlungsvermögen ihr Leben innerhalb der häuslichen 4 Wände erträglicher gestalten können, so daß sich das ganze Unglück, bei dem es ausnahmslos Verlierer gibt, möglicherweise hätte verhindern lassen.
Gruß v. Angela
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:56 Do 14.02.2008 | Autor: | espritgirl |
Hallo Angela ,
> Aber es wird doch nicht nur hier leicht vergessen, daß es
> innerhalb der Gesellschaft (gestern und heute) für die
> Einzelnen durchaus gewisse Spielräume und Möglichkeiten
> gibt, und zwar solche, die keinen Bruch mit der
> Gesellschaft zur Folge haben, und insofern realistisch
> sind.
Welche denn?
> Bei Effi sind dies die Eltern, die die Heirat hätten mit
> dem Hinweis auf die Jugend und Unreife ihrer Tochter
> verhindern oder zumindest ohne Gesichtsverlust aufschieben
> können.
Wenn Effi mit der Hochzeit gewartet hätte (deine vorgeschlagene Agumentation, dass Effi einfach noch viel zu jung und Innstetten viel zu alt sei, ist völlig legitim), aber dann hätte sie nen anderen Typen heiraten müssen, der vielleicht nicht den selben gesellschaftlichen Stand hat, wie Effi. Oder sie hätte auch eine Hochzeit immer wieder aufschieben können, aber dann wäre sie auch irgendwann nicht mehr von der Männerwelt begehrt wurden.
> Und ihr Ehemann hätte mit einer Spur Einfühlungsvermögen
> ihr Leben innerhalb der häuslichen 4 Wände erträglicher
> gestalten können, so daß sich das ganze Unglück, bei dem es
> ausnahmslos Verlierer gibt, möglicherweise hätte verhindern
> lassen.
Der Typ ist doch sowieso komisch gewesen. Ich erinnere mich an die Szene in dewr Kutsche, als Innstetten Effi von dem Chinesen erstmals erzählt hat. Effi hat zugegeben, dass diese Person sie ängstigt und dennoch hat er immer einen drauf gesetzt.
Liebe Grüße,
Sarah
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> Wenn Effi mit der Hochzeit gewartet hätte (deine
> vorgeschlagene Agumentation, dass Effi einfach noch viel zu
> jung und Innstetten viel zu alt sei, ist völlig legitim),
> aber dann hätte sie nen anderen Typen heiraten müssen, der
> vielleicht nicht den selben gesellschaftlichen Stand hat,
> wie Effi. Oder sie hätte auch eine Hochzeit immer wieder
> aufschieben können, aber dann wäre sie auch irgendwann
> nicht mehr von der Männerwelt begehrt wurden.
Hallo,
nun, Effi war 17 Jahre alt, und so ganz blitzschnell wäre Ihr Verfallsdatum sicher auch damals nicht abgelaufen gewesen.
Es war ja auch nicht so, daß sich kein anderer für sie interessiert hätte, da gab's doch irgendeinen Cousin, dem sie recht gut gefiel und umgekehrt wohl auch. Ich erinnere mich an eine Stelle, wo sie vom Tanzen mit dem jungen Mann spricht.
Du hast natürlich recht, nicht zuletzt aufgrund seiner Jugend hätte er Ihr eine gesellschaftliche Stellung wie v. Instetten zunächst nicht bieten können - und genau hiermit sind wir an dem Punkt, den ich meinte: hätte sie sich für diesen entschieden, wäre das kein Schritt ins gesellschaftliche Abseits gewesen. Es wäre nicht solch ein steiler Aufstieg geworden. Aber keinesfalls ein Ausstieg. Man hätte sich darüber nicht das Maul zerrissen.
Vater und Mutter sind beide die ganze Verlobungszeit (und während die Brautleute auf Hochzeitsreise sind) voller Bedenken, und gerade beim Vater ist es mir ein Rätsel, warum er der Sache nicht Einhalt gebietet. Die Mutter hat ja noch ganz andere Motive (wie so viele Eltern...), die Tochter soll das erreichen, was ihr nicht vergönnt war: sie hatte ja früher ein Auge auf Instetten geworfen - und hätte mit ihm wahrscheinlich glücklich werden können, denn sie ist anders gestrickt als Mann und Tochter.
> Der Typ ist doch sowieso komisch gewesen. Ich erinnere mich
> an die Szene in dewr Kutsche, als Innstetten Effi von dem
> Chinesen erstmals erzählt hat. Effi hat zugegeben, dass
> diese Person sie ängstigt und dennoch hat er immer einen
> drauf gesetzt.
Ob er nun so grundseltsam war oder nur von einer für Effi unpassenden Machart, sei dahingestellt. Auf jeden Fall hatte er kein Gespür für die Bedürfnisse und Gefühle seiner jungen Frau - und hieran ist nicht "die Gesellschaft" die Schuldige, darauf kommt es mir an. Wäre er ihr ein paar Schritte entgegengekommen, hätte alles anders enden können.
Gruß v. Angela
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 03:21 So 17.02.2008 | Autor: | Sid_87 |
erstmal guten Abend an alle :)
ja fang ich direkt an, "Effis Leben endet "mit Gott und Menschen versöhnt, auch versöhnt mit ihm"(S.316)" -sehr gute Textstelle, jedoch finde ich sie in meiner Effi Briest ausgabe nicht, kannst du mir vill das Kapitel(letztes?) sagen, dann schlage ich das nach - danke schon mal im Vorraus, sowie rückbezüglich, für deine brauchbaren Hilfestellungen. Besonders die "Fundstellen" haben mir sehr geholfen. Danke Joself :)
zu angela.h.b., Menschen sind nicht immer einer Meinung,und wir sind es nicht -trotzdem hast du mit deinen Kommentaren dazu beigetragen, dass das Gespräch aktuell blieb, danke dafür.
Ich möchte mich aber ebenfalls, erneut, bei espritgirl, für die meiner Meinung nach aufschlussreichen Kommentare bedanken.
In dem Sinne, je mehr ihr diskutiert, desto interessanter wird es.
Ich werde mich Morgen in Ruhe mit der "neuen" Fundstelle die Josef postete, auseinandersetzen, und dann hier einen weitern Kommentag hinterlassen, also, liebe Grüße, besonders an dich angela, und nehme meine Worte bitte nicht persönlich, da sie wirklichnicht persönlich gemeint sind.
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