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(Frage) beantwortet | Datum: | 21:57 Di 31.07.2007 | Autor: | max2000 |
Hallo,
ein irreduzibles Polynom bestimmt seinen Zerfällungskörper bis auf Isomorphie eindeutig.
Gilt auch eine Art "Umkehrung", d.h. bestimmt der Zerfällungskörper das Polynom, das zerfällt, eindeutig?
Konkret: Kann ein Körper gleichzeitig der Zerfällungskörper eines irreduziblen Polynoms vom Grad 6 sein und der Zerfällungskörper eines irreduziblen Polynoms vom Grad 3?
Danke im Voraus
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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Der Grad wird wohl durch den Zerfällungskörper eindeutig bestimmt (?), nicht aber das Polynom. Beispiel:
[mm]K = \mathbb{R}[/mm]
[mm]p(x) = x^2 + 1[/mm]
[mm]q(x) = x^2 + 2x + 5[/mm]
Für beide Polynome ist der Zerfällungskörper [mm]L = \mathbb{C}[/mm].
Ergänzung:
Oder ein anderes Beispiel. Wir betrachten den Körper [mm]K[/mm] der ganzen Zahlen modulo 3 und über [mm]K[/mm] die Polynome [mm]p(x),q(x)[/mm]:
[mm]K = \mathbb{Z}_3 = \left\{ 0,1,-1 \right\}[/mm]
[mm]p(x) = x^2 + 1[/mm]
[mm]q(x) = x^2 + x - 1[/mm]
Die quadratischen Polynome besitzen über [mm]K[/mm] keine Nullstellen, wie man durch Einsetzen von [mm]0,1,-1[/mm] sofort bestätigt, und sind damit irreduzibel über [mm]K[/mm]. Einen Zerfällungskörper von [mm]p(x)[/mm] findet man, indem man eine Nullstelle [mm]\operatorname{i}[/mm] von [mm]p(x)[/mm] adjungiert:
[mm]L = \mathbb{Z}_3(\operatorname{i})[/mm]
Die Elemente von [mm]L[/mm] sind Summen der Art [mm]a + b \operatorname{i}[/mm], wobei die Koeffizienten [mm]a,b \in \mathbb{Z}_3[/mm] sind. Man rechnet mit diesen Ausdrücken ganz wie mit komplexen Zahlen unter Beachtung der Regel [mm]\operatorname{i}^2 = -1[/mm], nur daß die Koeffizienten eben nicht reell sind, sondern ganze Zahlen modulo 3.
Jetzt zerfällt [mm]p(x)[/mm] über [mm]L[/mm] in Linearfaktoren:
[mm](x - \operatorname{i})(x + \operatorname{i}) = x^2 - \operatorname{i}^2 = x^2 - (-1) = x^2 + 1[/mm]
Aber auch [mm]q(x)[/mm] hat Nullstellen in [mm]L[/mm]. Wir finden sie durch Lösen einer quadratischen Gleichung mittels quadratischer Ergänzung:
[mm]x^2 + x - 1 = 0 \ \ \Leftrightarrow \ \ x^2 + x + 1 + 1 = 0 \ \ \Leftrightarrow \ \ (x - 1)^2 + 1 = 0[/mm]
[mm]\Leftrightarrow \ \ (x - 1)^2 = -1 \ \ \Leftrightarrow \ \ x - 1 = \pm \operatorname{i} \ \ \Leftrightarrow \ \ x = 1 \pm \operatorname{i}[/mm]
Zur Probe rechnen wir die Faktorisierung nach:
[mm](x - 1 - \operatorname{i})(x - 1 + \operatorname{i}) = (x-1)^2 - \operatorname{i}^2 = x^2 + x + 1 + 1 = x^2 + x - 1[/mm]
[mm]L[/mm] ist daher sowohl von [mm]p(x)[/mm] als auch von [mm]q(x)[/mm] Zerfällungskörper.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:25 Mi 01.08.2007 | Autor: | statler |
Hallo Leopold!
> Der Grad wird wohl durch den Zerfällungskörper eindeutig
> bestimmt (?), nicht aber das Polynom. Beispiel:
Die Beispiele sind klar, insbesondere das mit dem endlichen Körper. Da alle endlichen Körper gleicher Ordnung isomorph sind, gibt es da auch beliebig viele weitere Beispiele.
Aber was ist mit dem Fragezeichen? Wenn ich [mm] X^{3} [/mm] + 2 = 0 über [mm] \IQ [/mm] betrachte, habe ich einen Zerfällungskörper vom Grad 6, für den es auch ein erzeugendes Element gibt [mm] (\wurzel[3]{2} [/mm] + i hoffentlich) vom Grad 6. Ist der Oberkörper dafür dann nicht auch Zerfällungskörper? Übersehe ich was?
Gruß aus HH-Harburg
Dieter
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:57 Mi 01.08.2007 | Autor: | felixf |
Hallo zusammen
> > Der Grad wird wohl durch den Zerfällungskörper eindeutig
> > bestimmt (?), nicht aber das Polynom. Beispiel:
>
> [...]
>
> Aber was ist mit dem Fragezeichen? Wenn ich [mm]X^{3}[/mm] + 2 = 0
> über [mm]\IQ[/mm] betrachte, habe ich einen Zerfällungskörper vom
> Grad 6, für den es auch ein erzeugendes Element gibt
> [mm](\wurzel[3]{2}[/mm] + i hoffentlich) vom Grad 6.
Laut MAPLE ist das Minimalpolynom von [mm] $\sqrt[3]{2} [/mm] + i$ durch [mm] $x^6 [/mm] + 3 [mm] x^4 [/mm] - 4 [mm] x^3 [/mm] + 3 [mm] x^2 [/mm] + 12 x + 5$ gegeben. (Kann man uebrigens mit polytools[minpoly](2^(1/3) + I, 6); berechnen, falls das jemanden interessiert.)
> Ist der Oberkörper dafür dann nicht auch Zerfällungskörper?
> Übersehe ich was?
Du uebersiehst nichts: das ist so.
Und falls das jemanden interessiert: man kann sich natuerlich auch fragen, ob ein Zerfaellungskoerper vielleicht durch den Grad der Koerpererweiterung eindeutig bis auf Isomorphie bestimmt ist (bei endlichen Koerpern ist das ja so). Das ist jedoch nicht so, wie man etwa bei [mm] $\IQ(i)$ [/mm] und [mm] $\IQ(\sqrt{2})$ [/mm] als quadratische Erweiterungen von [mm] $\IQ$ [/mm] sieht (der erste laesst sich nicht in [mm] $\IR$ [/mm] einbetten, der zweite schon; und Koerpererweiterungen von Grad 2 sind immer Zerfaellungskoerper).
LG Felix
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