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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:23 Di 10.04.2012 | Autor: | paula_88 |
Aufgabe | Anzugeben ist ein statistisches Experiment für:
Ein Werkstück mit unbekannter endlicher Länge l wird n-mal mit einem Messgerät, dessen Genauigkeit unbekannt ist, gemessen. Es wird angenommen dass im Mittel der richtige Wert gemessen und angegeben wird. |
Hallo an alle,
ich brauche bitte Hilfe bei dieser Aufgabe, da ich das Thema noch nicht vollkommen verstanden hab, und nicht genau weiß, was alles gefordert wird.
Ein statistisches Experiment ist wie folgt definiert: [mm] (X,\Omega,A,P):
[/mm]
X, der Strichprobenraum, müsste hier [mm] X=\{0,..,n\} [/mm] sein, oder?
Und die Wahrscheinlichkeitsfunktion [mm] P=\{P_\Theta | \Theta \in [0,1] \}, [/mm] aber wie genau weiß ich, wie [mm] P_\Theta(\{ \omega \}) [/mm] genau definiert ist, beziehungsweise benötige ich diese Information überhaupt?
[mm] \Omega [/mm] müsste, wie immer, [mm] [0,1]^{n} [/mm] sein, aber woher weiß ich, wie 0 und 1 definiert sind?
Und was genau ist A?
Reichen mir alle diese Informationen schon, um die Aufgabe vollständig lösen zu können?
Wie ihr seht tapse ich noch stark im Dunklen.
Es wäre nett wenn mir jemand ausführlich was zu meinen Fragen und allgemein zum statistischen Experiment erklären kann.
Viele Grüße, Paula
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(Antwort) fertig | Datum: | 11:12 Do 12.04.2012 | Autor: | tobit09 |
Hallo Paula,
> Es wäre nett wenn mir jemand ausführlich was zu meinen
> Fragen und allgemein zum statistischen Experiment erklären
> kann.
>
> Ein statistisches Experiment ist wie folgt definiert:
> [mm](X,\Omega,A,P):[/mm]
Die Begriffe Wahrscheinlichkeitsraum und Zufallsvariable sind dir klar?
Ein mathematisches statistisches Experiment soll ein "reales statistisches Experiment" (meine Bezeichnung, kein Fachbegriff!) beschreiben. Unter einem "realen statistischen Experiment" verstehe ich ein Zufallsexperiment, dessen zugrundeliegende Verteilung unbekannt ist.
Im Beispiel deiner Aufgabe besteht dieses Zufallsexperiment darin, die n Messungen durchzuführen. Wir kennen die zugrundeliegende Verteilung nicht; sie hängt von der unbekannten tatsächlichen Länge l und der unbekannten Genauigkeit des Messgeräts (und evt. weiteren Eigenheiten des Messgeräts) ab. Trotzdem macht es Sinn anzunehmen, dass es irgendeine "wahre" Verteilung gibt; wir kennen sie nur nicht. Wir können nur eingrenzen, welche Verteilungen in Frage kommen.
Wie können wir diese Situation nun mathematisch modellieren? Im Prinzip durch Angabe einer Art Wahrscheinlichkeitsraum, der dieses Experiment beschreibt. Nur sollen im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Wahrscheinlichkeitsraum nicht EINE Verteilung dazugehören, sondern gleich eine ganze Familie potenziell denkbarer Verteilungen.
Das erklärt die Bedeutung von [mm] $\Omega$, $\mathcal{A}$ [/mm] und [mm] $P=\{P_\theta|\theta\in\Theta\}$:
[/mm]
[mm] $\Omega$ [/mm] ist wie bei einem Wahrscheinlichkeitsraum die Menge der möglichen Ausgänge des Experiments.
[mm] $\mathcal{A}$ [/mm] ist eine [mm] $\sigma$-Algebra [/mm] auf [mm] $\Omega$, [/mm] die die Ereignisse (=Teilmengen von [mm] $\Omega$) [/mm] beinhaltet, denen eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet sein soll. (Typischerweise die Potenzmenge von Omega, die Borelsche Sigma-Algebra oder irgendeine Spur- oder Produkt-Sigma-Algebra.)
[mm] $P=\{P_\theta|\theta\in\Theta\}$ [/mm] ist die Familie der denkbaren Wahrscheinlichkeitsmaße auf [mm] $(\Omega,\mathcal{A})$, [/mm] die als "wahre" Verteilungen in Frage kommen.
$X$ ist schließlich eine Zufallsvarible auf [mm] $(\Omega,\mathcal{A})$, [/mm] deren Realisierung für die beobachteten Daten des "realen statistischen Experiments" steht. $X$ ist also eine messbare Abbildung von [mm] $(\Omega,\mathcal{A})$ [/mm] in einen messbaren Raum [mm] $(E,\mathcal{E})$. $(E,\mathcal{E})$ [/mm] nennt man Stichprobenraum. $E$ ist die Menge der möglichen Beobachtungen, die man erhalten kann.
Häufig werden die möglichen Ausgänge eines "realen statistischen Experiments" mit den möglichen Beobachtungen übereinstimmen. Für diesen Fall hat man im mathematischen statistischen Experiment [mm] $(\Omega,\mathcal{A})=(E,\mathcal{E})$ [/mm] und [mm] $X\colon(\Omega,\mathcal{A})\to(E,\mathcal{E}), X(\omega)=\omega$.
[/mm]
Vielleicht kannst du anhand dieser Erklärungen noch mal die Beispiele, die ihr sicherlich in der Vorlesung hattet, studieren.
> X, der Strichprobenraum, müsste hier [mm]X=\{0,..,n\}[/mm] sein,
> oder?
1. Es heißt Stich-, nicht Strichprobenraum.
2. Der Stichprobenraum enthält die möglichen Beobachtungsdaten des Experiments. Wir beobachten sicherlich nicht natürliche Zahlen von 0 bis n, sondern n-Tupel von Messwerten des Gerätes.
3. X ist nicht der Stichprobenraum.
4. X ist eine Zufallsvariable, keine Menge.
> Und die Wahrscheinlichkeitsfunktion [mm]P=\{P_\Theta | \Theta \in [0,1] \},[/mm]
Die Familie der als "wahre" Verteilung denkbaren Wahrscheinlichkeitsmaße auf [mm] $(\Omega,A)$ [/mm] wirst du nicht sinnvoll mit $[0,1]$ parametrisieren können.
> aber wie genau weiß ich, wie [mm]P_\Theta(\{ \omega \})[/mm] genau
> definiert ist, beziehungsweise benötige ich diese
> Information überhaupt?
Nicht [mm] $P_\theta(\{\omega\})$, [/mm] sondern [mm] $P_\theta(A)$ [/mm] für [mm] $A\in\mathcal{A}$. [/mm] Um $P$ kannst du dich kümmern, wenn [mm] $\Omega$ [/mm] und [mm] $\mathcal{A}$ [/mm] klar sind.
> [mm]\Omega[/mm] müsste, wie immer, [mm][0,1]^{n}[/mm] sein,
Die möglichen Ausgänge durch n-Tupel (der n Messwerte des Gerätes) zu beschreiben, ist sinnvoll. Aber warum sollten die Einträge dieser Tupel aus $[0,1]$ stammen? Schließlich ist nirgendwo davon die Rede, dass das Messgerät immer nur Längen von 0 bis 1 ausgibt.
> aber woher weiß
> ich, wie 0 und 1 definiert sind?
Du möchtest eine Definition der rellen Zahlen 0 und 1?
> Und was genau ist A?
Darüber kannst du dir Gedanken machen, wenn [mm] $\Omega$ [/mm] klar ist.
Viele Grüße
Tobias
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